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Geschichte
Die Verwaltung der Grube Storch & Schöneberg war diesem nun
universellen Vereinsgebilde gegenüber freundlich gesinnt. Sie stellte den
Turnern nicht nur unentgeltlich einen Turnsaal in der ehemaligen Wirtschaft
Tillmann-Latsch zur Verfügung, sondern auch ihren Betriebsanstreicher, der
mehrere arbeitslos gewordene Mitglieder bei der Instandsetzung des Raumes
unterstützte. Die Massenarbeitslosigkeit löste eine Reihe weiterer Probleme aus,
mit denen der Turnverein bis zu seiner nächsten ungewollten Existenzpause zu
kämpfen hatte: Die Mitgliedsbeiträge mußten gesenkt werden; der daraus
resultierende finanzielle Engpaß erstickte die positive Entwicklung der 1931
entstandenen Handballabteilung im Keim. Das gleiche Schicksal ereilte die
Fußballabteilung, die ihr Gründungsjahr 1932 nicht zuletzt wegen Querelen mit
dem Spiel und Sport Niederschelden nicht überlebte. Ebenfalls aufgrund fehlender
geldlicher Mittel war der Versuch zum Scheitern verurteilt, das Maschinenhaus
der stillgelegten Hütte - die Grubendirektion hatte es dem Turnverein überlassen
- zu einer Turnhalle umzufunktionieren. Weil auch die Grube ihre Pforten
schließen sollte, mußte sich das Turnen für kurze Zeit noch mal in die alte
Schulturnhalle verlagern. Bis 1941, als der Turnbetrieb vollständig zum Erliegen
kam, hielten die Jungturner, obwohl es zeitweise an Nachwuchs gemangelt hatte,
die Vereinsfahne hoch.
In der Zeit des Wiederaufbaus kam auch der Turnverein wieder
auf die Beine. Die alten Turngeräte waren ebenso wie der Schulturnraum von der
Zerstörung verschont geblieben. Friedrich Seidel, der erste Vorsitzende nach dem
Krieg, bemühte sich schon 1945 bei den Besatzungsbehörden um eine Genehmigung
als sporttreibender und selbständiger Verein - mit Erfolg, denn bis 1952 erlebte
der Turnverein einen Aufschwung, ab 1949 unter Seidels Nachfolger Ludwig Latsch.
Mit 100 Mitgliedern schloß er sich 1947 dem Westfälischen Turnerbund und dem
Siegerland-Turngau an. Ab 1949 ergänzten eine Gymnastik- und eine Theatergruppe
das Vereinsleben, das bisher aus Turnen, Leichtathletik, Spielmannszug und
Tischtennis bestanden hatte.
Der Erwerb einer eigenen, größeren Turnhalle freute die
Sportler im nächsten Jahr. Mit viel Eigeninitiative wurde die ehemalige
Werkshalle der Grube Stoch & Schöneberg umgebaut, enthielt allerdings weder
Waschgelegenheit noch Toilette und auch keine Heizung. Diese schlechten
Bedingungen waren sicher einer der Gründe für die Krise Ende der fünfziger und
Anfang der sechziger Jahre. Ein starker Rückgang der Turnbeteiligung führte
mehrmals zum völligen Aussetzen der sportlichen Aktivitäten, vor allem an
Nachwuchs mangelte es wieder. Der Spielmannszug sorgte in dieser schweren Zeit
dafür, daß es nicht ganz still um den Turnverein wurde.
Eine Wendung zeichnete sich mit der längst überfälligen
gewordenen Schulturnhalle ab, die seit ihrer Fertigstellung 1964 vom Turnverein
mitbenutzt werden darf. Dies hatte einen sportlichen Boom zur Folge: Die
Mitgliederzahl stieg wieder, die Gruppen freuten sich über sprunghafte
Vergrößerungen, die Frauenabteilung hob sich mit über 80 Aktiven besonders
hervor. Rudi Krämer, der als einziger Gosenbacher bei den Deutschen Turnfesten
1963 in Essen und 1968 in Berlin teilnahm, stand 1965 im elften Jahr dem
Turnverein vor und ließ sich, folglich als Oberturnwart agierend, von Rudi Theis
ablösen.
In dieser Konstellation führten das Duo den Verein auf
besondere Weise ins nächste Jahrzehnt, denn 1970 konnte erstmals in der
Vereinsgeschichte ein großes Jubiläum gebührend gefeiert werden. Im Festkommers,
dem großen Zapfenstreich, Vorführungen aller Abteilungen und dem
farbenprächtigen Festzug durch Gosenbach spiegelte sich der blühende Zustand des
"Geburtstagskindes" wider. Der schlug sich auch in den vielen und oft sehr guten
sportlichen Leistungen nieder, die Turner, Leichtathleten und Tischtennisspieler
aller Altersgruppen bei zahlreichen Sportfesten und Meisterschaften erbrachten.
Seit 1974 finden mit wenigen Ausnahmen jährlich die Vereinsmeisterschaften
statt, die bis heute regen Zulauf auch von auswärtigen Vereinen finden. Sepp
Kölbis nahm 1976 am österreichischen Bundesturnfest in Salzburg teil. Von dort
brachte er zwar keinen Sieg in sportlicher Hinsicht mit nach Hause, gewann aber
eine Freundschaft: Er schloß Bekanntschaft mit Franz Stratjel, der damals erster
Vorsitzender des niederösterreichischen Turnvereins Neusiedl war und dessen Idee
einer Partnerschaft zwischen den 1000 Kilometer voneinander entfernt
beheimateten Turnvereinen wurde schnell in die Tat umgesetzt. Schon im nächsten
Jahr bereisten die Neusiedler das Siegerland und bis heute pflegen und
intensivieren gegenseitige Besuche freundschaftliche Kontakte.
Helmut Weide - seit 1952 als Schriftwart tätig - wechselte
1975 nach Rudi Theis in das Amt des ersten Vorsitzenden. Zehn Jahre lang war er
um die Geschicke des Vereins bemüht. Adolf Stahl gehörte als Kassierer 30 Jahre
lang (von 1954 bis 1983) dem Vorstand an. Dem geselligen Leben geben die seit
1977 jährlich stattfindenden Familienfeiern, wo alle Abteilungen aufeinander
treffen, eine besondere Note. Die Tischtennisspieler bildeten im gleichen Jahr
mit dem Nachbarverein Spiel und Sport Niederschelden eine Spielgemeinschaft. Als
besondere Anerkennung für den Turnverein seitens des Turnbezirks Siegerland Süd
kann man die Wahl von Sepp Kölbis - seit 1974 Oberturnwart in den eigenen Reihen
- zum "OTW" des IV. Bezirks 1977 werten.
Sepp Kölbis war es auch, der mit seiner Frau Ruth zu Anfang
der siebziger Jahre eine positive Entwicklung in der Jugendarbeit initiierte.
Das Ehepaar veranstaltete Tanznachmittage im Mehrzweckraum mit Discomusik,
alkoholfreien Getränken und heißen Würstchen, die bis zu 300 Jugendliche
anzogen. Darüber hinaus organisierten die Jugendleiter Wanderungen in die nähere
Umgebung und Wochenendfahrten. Den Jugendlichen boten sich auch größere
Freizeiten: Traunstein in Bayern war in den Sommerferien 1972 und 1973 das Ziel
für zwei Wochen. Mit der Gründung einer Mutter-Kind-Abteilung Mitte der
siebziger Jahre bewies Ruth Kölbis einmal mehr ihren „richtigen Riecher“ für
sportliche Lücken im TV Gosenbach. Bis heute ist die sich mittlerweile
Vater-Mutter-Kind-Abteilung nennende Gruppe stark frequentiert. Das
Kindergerätturnen entstand etwa zur selben Zeit und leistet seitdem gezielte
Aufbauarbeit, die mit Erfolgen auf Bezirks- und Gauebene belohnt wurde und
wird. Die große Resonanz, die das Gerrätturnen binnen weniger Jahre erfuhr,
konnte man nicht bewältigen, ohne das Leistungsprinzip zu vernachlässigen, So
wurde 1982 das „Allgemeine Kinderturnen“ ins Leben gerufen, das allen Kindern,
wenn sie aus dem „Mutter-Vater-Kind-Turnen“ herausgewachsen sind, ein
vielseitiges Angebot bietet. Später bietet sich dem Nachwuchs dann die
Möglichkeit der Spezialisierung auf Geräteturnen, Leichtathletik oder
Trampolinturnen. Günter Strunk wurde 1974 neuer Jugendleiter, der später von
Günter Sollbach in diesem Amt abgelöst wurde. Verstärkte Aktivitäten in der
Kinderarbeit machten sich gegen Ende der siebziger Jahre positiv bemerkbar, die
Beteiligung bei Jugendlichen und Erwachsenen ließ aber zu wünschen übrig. Ein -
glücklicherweise vorübergehender - Mitgliederrückgang mußte 1979 hingenommen
werden.
Seit Mitte der achtziger Jahre steigt der Mitgliederbestand
wieder, was wohl auf die vielen Neuerungen, wie die stetig größer werdende
Abteilungsvielfalt, zurückzuführen ist. Das in diesem Ressort gut ausgebildete
Ehepaar Kölbis rief 1985 den Seniorensport ins Leben und baute ihn zu einer
florierenden Abteilung auf. Der "Tanzkreis für Damen und Herren ab 50" und die
ein Jahr später entstandene Seniorengymnastikgruppe sind mit ihren immer
sorgfältig eingeübten und gelungenen Vorführungen aus dem Vereinsleben nicht
mehr wegzudenken. Die Altersturner sind schon etwas länger, seit Mitte der
siebziger Jahre, getreu ihrer Devise "Fitsein durch Sport" unter Manfred Hafer
aktiv. 1987 wurde die Skigymnastik-Abteilung aus der Wiege gehoben, die seitdem
in Skifreizeiten ihren das Jahr über erarbeiteten Fitnesszustand erprobt. Die zu
einem richtigen "Familienbetrieb" zusammengewachsenen Radsportfreunde radeln
seit 1989 unter dem Motto "Gemeinsam ist Sport am schönsten" besonders gerne in
der Hustener Gegend im Sauerland, wo Freude und Frohsinn, die in dieser
Abteilung Priorität genießen, nach dem treten in die Pedale so richtig
verwirklicht werden. Der Lauftreff startete ebenfalls 1989, allerdings zu einer
Kurzstrecke, denn schon 1992 löste die Gruppe sich wegen mangelnder
Führungskräfte wieder auf. Auch die klassischen Gosenbacher Abteilungen, so der
Spielmannszug und die Frauenabteilung, ließen sich in den Achtzigern nicht
lumpen.So musizierten einige jugendliche Mitglieder aufgrund ihrer guten
Leistungen um die Mitte des letzten Jahrzehnts im Landesjugendspielmannszug des
Westfälischen Turnerbundes. Und beim Deutschen Turnfest 1987 in Berlin spielten
Gosenbacher zusammen mit 6000 Musikern im größten Musikkorps der Welt im
Olympiastadion. Richard von Weizsäcker, Schirmherr der Veranstaltung,
bezeichnete den Deutschen Turnerbund sehr treffend als größte Frauenbewegung
unseres Landes. Die überaus aktive Frauenabteilung, deren um die 60 Mitglieder
mit ihren stets attraktiven Vorführungen bestechen, spricht für sich.
Der Vorstand unterzog sich 1987 einer starken Verjüngungskur:
Bei den alten Hasen Kurt Schüler, Herbert Stühn und Eberhard Danhausen mischten
neuerdings Günter Strunk, Günter Sollbach, Peter Nickel, Volker Sollbach und
Steffi Held sowie ab 1989 Wolfgang Weide mit. Die Jugendarbeit machte im
gleichen Jahr wieder einen gewaltigen Schritt nach vorn. Seitdem existiert der
Jugendausschuß, ein zehnköpfiges, eigenständiges Organ mit Jugendordnung, der
durch Jugendwart und Jugendwartin im Vorstand vertreten ist. Volker Sollbach
begleitet seit 1986, mit einjähriger Unterbrechung, den Posten des Jugendwartes,
Steffi Rosenthal war bis 1995 seine "Kollegin", dann wählte die
Jugendversammlung Alexandra Utsch auf diesen Posten. In fast jeden Sommerferien
zieht es etliche Kinder, Jugendliche und Betreuer ins Zeltlager. Vom Dreifelder
Weiher am Westerwald über Oberwerries bei Hamm in Westfalen bis hoch im Norden
auf Sylt hatten die "Kleinen" und ihre "Großen" schon eine Unmenge Spaß
miteinander und sind spätestens seit der "Regenfreizeit" auf Sylt 1994
abgehärtet, das heißt buchstäblich "mit allen Wassern gewaschen". Mehrere der
Zeltlager wurden gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft HANGi, ein Zusammenschluß
aus mittlerweile sieben Siegerländer Turnvereinen, durchgeführt. Desweiteren
bieten sich der Jugend Wochenendfahrten, Jugendfeten und Kinderfeste. In
Kooperation mit den jeweiligen Abteilungen werden das
Leichtathletik-Jugendsportfest und die Vereinsmeisterschaften im Geräteturnen
sowie alle zwei Jahre eine große Weihnachtsfeier veranstaltet.
1990 entstand im Siegerland die Leichtathletikgemeinschaft
Siegen, ein Zusammenschluß der Leichtathletikabteilungen der Turnvereine
Gosenbach, Jahn Siegen, Niederschelden und Langenholdinghausen sowie des Turn-
und Sportvereins Auf den Hütten Weidenau und der Turngemeinde Friesen
Klafeld-Geisweid. Inzwischen mischt der Turnverein Dresselndorf noch mit. Durch
Zusammenarbeit im Training und vor allem auf Wettkämpfen ist so ein höheres
Leistungsniveau gewährleistet, als es für die einzelnen Vereine erreichbar wäre.
Auf Sportfesten des Deutschen Turnerbundes starten die Gosenbacher
Leichtathleten nach wie vor im blau-weißen Trikot, Geselligkeit und sportliche
Leistung gehen hier Hand in Hand. Davon können sowohl lustige Geschichten wie
auch im Schweiße des Angesichts erkämpfte Trophäen erzählen, die sich bei
Giller- und Loreleybergturnfesten sowie zahlreichen anderen Wettkämpfen im Laufe
der Jahrzehnte bis heute angesammelt haben.
Eine sporadische Abteilung, die von Zeit zu Zeit in
Verbindung mit der Barmer-Ersatzkasse gesundheitsfördernde Kurse anbietet, ist
die Rückenschule. Zahlreiche Interessierte konnten bisher dank der
Krankengymnastin Ulrike Becker-Hartmann leibhaftig einiges über die Wirbelsäule
erfahren. Noch in den Kinderschuhen, allerdings in sehr vielversprechenden,
steckt die 1993 entstandene Trampolinabteilung. Wo könnte der springbegeisterte
Nachwuchs besser aufgehoben sein als unter der qualifizierten Obhut von Sabine
Kölzer, die außer mehreren Meistertiteln auf Landes- und Bundesebene auch einen
Weltmeistertitel im Synchronturnen aufzuweisen hat? Gleich zwei Gruppen, die
sich großer Beliebtheit erfreuen, eine Aerobic- und Jazztanz-Gruppe und eine
Aerobic-Gruppe leitet die Fachwartin für Jazztanz und Aerobic, Andrea Deskowski,
die in ihren Ressorts über reichlich Erfahrung verfügt, seit 1994. Die jüngste
und einzige Ballsport-Abteilung bilden die Volleyballer, die von Kreisligistin
Heidi Pfeifer (TV Eiserfeld) seit 1995 trainiert werden. Eigentlich ist es eine
"neue alte" Abteilung, denn in den Jahren 1978 bis 1990 existierte im Turnverein
schon einmal eine Volleyball-Gruppe, die aber mangels Teilnehmer „dicht machen“
mußte.
Als Medium zwischen den Abteilungen informiert der dreimal
jährlich erscheinende "Turnerkurier" über das aktuelle Vereinsgeschehen. Seit
1988 leitet Pressewart und Schriftführer Peter Nickel die kostenlose
Vereinszeitung, in der alle Vereinsmitglieder die Möglichkeit haben, sich über
Belange des Turnvereins in Wort und Bild zu äußern. Dem "Turnerkurier" war der "Jugend-Tip"
als Zeitung nicht nur für die Jugend vorangegangen, den der Jugendausschuß 1987
mehrmals und 1988 einmal herausgab. Einen umfangreichen und interessanten
Einblick in die Annalen des gesamten ersten Turnverein-Jahrhunderts bietet die
Chronik, die 1995 anläßlich des 100jährigen Vereinsjubläums zusammengetragen
wurde.
Das runde Jubiläum veranlaßte die Turnerfamilie dazu, ein
gigantisches Spektakel aufzuziehen. Vier Tage lang waren nicht nur die
Vereinsmitglieder aus dem Häuschen, um die Riesengeburtstagsfeier zu
zelebrieren. Eine fetzige Superdisco, die größte, die Gosenbach je erlebt hat,
zog über 2500 Jugendliche von nah und fern an und schlug als großer Erfolg in
die Jugendgeschichte des Turnvereins ein. Der Kommersabend mit anschließend
festlichem Zapfenstreich bezauberte ein zahlreiches Publikum, die
stimmungsgeladenen Tanzabende und der gute Laune verbreitende Festzug durchs
Dorf hinterließen ebenfalls bleibende Eindrücke. Die kunterbunten
Kindernachmittage, die das Festzelt zeitweise in einen Zirkus verwandelten,
begeisterten "Jung und Alt" und die jahrmarkt-ähnliche Spielstraße daneben mit
dem wolkenlosen Hochsommerhimmel darüber bestachen durch ein besonderes
Ambiente. All die festlichen Aktivitäten waren ein lebendiger Beweis für die
generationenübergreifende Zusammengehörigkeit innerhalb des Turnvereins. Daß
auch zu den anderen Ortsvereinen gemeinschaftliche Beziehungen bestehen, kam
besonders bei den Tanzabenden und dem Festzug zur Geltung.
Der Fortbestand des Turnvereins bedarf engagierter
Mitarbeiter, die sich in den Verein einbringen und ihre Ideen gemeinsam mit
anderen verwirklichen. Ist dies gewährleistet, so läuft der Verein von alleine,
der zwei Grundbedürfnisse des Menschen erfüllt: Bewegung und Gemeinschaft.
Geschrieben von Julia Utsch |
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